Unlängst fragte mich je­mand, ob ich hoffentlich ein Hobby hätte? Ohne Hobby (im speziellen Fall erfreute sich die Fragestellerin am Golfsport) sei das Leben – sinngemäß – doch eher sinnentleert …

Ich muss, als diese Frage mich kalt erwischte, wohl ausgesehen haben wie ein Autobus, auf dem Green eines Golf­platzes. Jedenfalls dachte ich ein paar Sekunden zu lange über meine Antwort nach („Soll ich ‚Schlafen‘ sagen? Ist ge­nussvolles Pennen in den Großraum der Hobbys einzuordnen oder ein Hinweis auf eine sterbenslangweilige Existenz?“).

„Hast du wirklich gar kein Hobby?“,setzte die Person dann noch bohrend nach und je intensiver ich nach einer Antwort fahndete – man will doch nicht als völlig blutleeres Wesen dastehen –,umso weniger fiel mir ein. Ich hätte, um meiner Lebens­ gestaltung einen spannenden Touch zu geben, zum Beispiel „Nachtangeln“ sagen können. Oder „U­-Boot­-Modell­bau“ (klingt eindrucksvoller als Schiffs­modellbau) oder „Brieftauben­-Züchten“ oder „Eisklettern“. Zumindest bei Letzterem wären anerkennende „Ahhs“ und „Ohhs“ garantiert. Ehrlicherweise hege ich gegen den Begriff „Hobby“ eine Aversion. Ganz zu schweigen von der Bezeichnung „Hobbykeller“.

Die Eltern meiner Volksschul­ freundin K. hatten einen Hobbykeller. Das blieb mir deutlich in Erinnerung, wobei uns Kindern nie ganz klar war, welcher Art von Hob­by dort nachgegangen wurde. K. äußerte spä­ter den bahnbrechen­den Verdacht, dass ihre Eltern (Vater Ma­the­-Professor, Mutter Mathe-­Professorin) ihren Hobbykeller zum zweckfreien Ver­gnügen des Partner­tausches belegt hätten.

Diese Information löste in mir zweierlei aus: die Annahme, dass mathematisches Lehrpersonal wohl beschwingter ist, als
man so denkt. Und nachhaltige Skepsis gegenüber der Auf­forderung, egal von wem: „Wir haben einen super Hobbykeller, wollt ihr uns nicht einmal besuchen?“

Leider fiel mir die Sache mit dem Hobbykeller nicht ein, es wäre mir ein Vergnügen gewesen, der Golferin, die unbedingt ein Hobby aus mir herauskitzeln wollte, leichtfüßig zu antworten: „Also, ich züchte Zwerg­rosen und spiel auch gerne Schach, und gelegentlich schiebe ich eine schöne Partie Partnertausch dazwischen ein. Habt ihr eigentlich einen Hobbykeller?“

Und weil wir schon beim Thema „Keller“ sind, gleich noch ein Schwank aus meinem Leben (anscheinend ist das mein Hobby: Schwänke erzählen).

Während meiner Laufbahn als Chef­redakteurin einer Tageszeitung prägte sich mir der Satz „Wer macht den Keller“ eindrucksvoll ein. Der „Keller“ ist auf einer Zeitungsseite das Element ganz unten, also im Keller. Dort kommen die weltpolitisch irrelevanten Notizen hin, wie z. B. „Kuh in Bruck an der Mur blockierte Bahngleise“. Wer will dafür schon freiwillig zu­ständig sein? Eben. Was unsere Chefin vom Dienst damals täglich zu einer in den Raum gebrüllten Frage (siehe oben) animierte.

Falls Sie sich jemals bei einer Tages­zeitung bewerben, betonen Sie unbe­dingt, dass das Recherchieren belang­loser Geschichten ihr Hobby ist und Sie dafür brennen, den Keller zu machen. Sie haben den Job sofort (und fühlen sich danach einfach nicht mehr für den Keller zuständig).

„Wer macht den Keller“ hat sich mir so eingraviert, dass ich bis heute gelegentlich im Schlaf „Wer macht den Keller!“ seufze, was damit zu tun hat, dass sich nicht einmal im Traum einer findet, der ihn macht.

Und später einmal, wenn am Ausgedinge­bänkchen die Sonne meine gichtigen Fin­ger wärmt, die ein Seniorenhandy umklammern, wird das Ding zu schrillen begin­nen und meine 110­jäh­rige Chefin vom Dienst wird krähen: „Du hast schon wieder auf den Keller vergessen, wer macht den Keller?“ Und wieder werde ich es nicht wissen, weil noch immer keiner zuständig ist. Und mich meinem allerliebsten Hobby widmen: kleines Nickerchen machen.

Herzlich, Ihre