HOCH AUF DEM DOM. Auf dem Dach des Wiener Stephansdoms präsentiert Schauspielerin Valerie Huber die blumigen Kopf-Kunstwerke des Labels „miss lillys hats“ ihrer Freundin Niki Osl. © Jenni Koller

Zwei erfolgreiche Frauen, zwei Karrieren, zwei unterschiedliche Ansichten zu gemeinsamen Themen. Designerin Niki Osl und Schauspielerin Valerie Huber über die großen Fragen des Lebens.

SHOOTINGSTAR VALERIE HUBER UND DESIGNERIN NIKI OSL IM TALK

Die eine wurde mit handgefertigten Blumenkränzen international bekannt, stattet die Top-Prominenz mit ihren „miss lillys hats“-Headpieces aus und ist seit vielen Jahren die erfrischendste Protagonistin der Österreichischen Designer-Szene. Die andere, in Wien geboren, an der Elfenbeinküste, in Uganda und in Washington D.C. aufgewachsen, wurde mit 18 Jahren auf den Philippinen offiziell zur „Miss Earth“ gekürt, spielte mit 19 am Wiener Volkstheater im „Sommernachtstraum“ und gilt spätestens seit ihrer Rolle in der Netflix-Serie „Kitz“ als Shootingstar mit großem Potenzial. Der Talk zum Weltfrauenmonat März, mit Niki Osl (42) und Valerie Huber (26).

look!: Was bedeutet Feminismus für euch?

Valerie Huber: Der Kampf um Gleichberechtigung der Geschlechter! Dabei geht es für mich nicht um penible Genderdebatten, sondern um Gleichstellung in der Gesellschaft, im Job, in der Kindererziehung oder z.B. auch im Sport. Und es geht um die Entsexualisierung und Eliminierung der Unterdrückung, wie z.B. durch FGM (Female Genital Mutilation), die Genitalverstümmelung des weiblichen Geschlechts.

Niki Osl: Feminismus bedeutet für mich die Gleichstellung der Frau. Eigentlich würde ich mir aber wünschen, dass solche Erklärungen gar nicht mehr nötig sind, sondern der Mensch als Mensch zählt, mit seinen Leistungen und seinem Charakter, egal in welchem Körper er geboren ist.

Habt ihr euch schon einmal diskriminiert bzw. durch einen Mann oder Männer unterdrückt gefühlt?

Valerie Huber: Ich denke, dass das den meisten Frauen schon passiert ist, oder?

Niki Osl: Jeder setzt seine persönlichen Grenzen natürlich anders und ich habe es nie so empfunden, von einem Mann unterdrückt oder diskriminiert zu werden. Ich habe wohl wie meine Katze Miss Lilly Straßenkatzengene und komme so ganz geschickt durch jede Situation!

Ihr seid beide kreative Menschen und drückt euch durch eure Arbeit aus. Haben es Frauen grundsätzlich leichter oder schwerer als Männer?

Valerie Huber: Da wir noch immer nicht in einer gleichberechtigten Welt oder Kultur leben, denke ich, haben es Frauen leider noch immer schwerer. Schwerer, beruflich erfolgreich zu sein und fair bezahlt zu werden, schwerer, ernst genommen zu werden, schwerer, das Familienleben und die Karriere unter einen Hut zu bringen. Es gibt leider viele Beispiele.

Niki Osl: Ich denke auch, dass selbst in unserer Wohlstandsgesellschaft, z.B. in gewissen Arbeitsbereichen, es Männer nach wie vor leichter haben. Wenn man von einer globalen Situation ausgeht, ist es bestimmt so, dass es Frauen nach wie vor schwerer haben. In einigen Ländern werden Frauen noch immer unterdrückt und ist der Feminismus leider noch nicht so weit, dass es eine Gleichstellung gibt.

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FREUNDINNEN. Für das Shooting zum Thema „Glaube, Hoffnung, Liebe“ des von Niki Osl gegründeten Labels „miss lillys hats“ stand Valerie Huber als Model vor der Kamera. Location: der Wiener Stephansdom. © Jenni Koller

Wenn ihr an eure Mütter bzw. Großmütter denkt:

Hast es du, Niki, und du, Valerie, im Vergleich leichter gehabt, deinen Weg zu gehen und deine Träume zu verwirklichen?

Niki Osl: Absolut. Dank unserer Vorfahrinnen, die Pionierarbeit geleistet haben, haben wir viel größere Chancen, alles zu erreichen und zu machen, was wir uns erträumen. Meine Mutter wollte als junge Frau auf die Kunstakademie, in ihrer Jugend war es aber nicht sie, die die Entscheidungen traf, sondern ihre Eltern. Die wollten, dass sie Lehrerin wird, weil das meine Oma immer werden wollte, sie das aber nicht durfte … Und jetzt in 3. Generation kann ich sagen, ich durfte eigentlich alles machen, was ich mir in den Kopf gesetzt habe. Auch wenn es trotzdem manchmal ein steiniger Weg war und es ändert auch nichts daran, dass man oft sehr hart arbeiten muss, um an sein Ziel zu kommen. Aber ich bin sehr dankbar darüber, das frei für mich selbst entscheiden zu dürfen.

Valerie Huber: Auf jeden Fall! Dank der Arbeit vieler Feministinnen und Feministen über die letzten Jahrzehnte hinweg wurde ich als Frau viel mehr bestärkt, meinen Weg zu gehen, als die Generationen vor mir. Damals war das Frauenbild noch ein anderes. Das liegt natürlich auch an der Aufgeklärtheit meiner Eltern – mein Papa war immer schon Feminist. Glücklicherweise wurde mir nie ein gewisses Rollenbild aufgezwungen – ich habe mich immer gefühlt, als könnte ich alles schaffen.

Was ist euer großes Lebensziel, neben dem Weltfrieden natürlich? 😉

Valerie Huber: Der Welt in irgendeiner Form – in welcher, weiß ich noch nicht genau – etwas zurückzugeben, eine positive Veränderung herbeizurufen, wenn auch nur im kleinen Rahmen. Ich denke, dass jede Bemühung zählt.

Niki Osl: Wenn man das große Ganze sieht, ist mein persönliches Lebensziel tatsächlich, ein guter Mensch zu sein, der sowohl seine eigenen Möglichkeiten und Talente ausschöpft – so weit es geht –, als auch für andere Gutes zu tun. Ich bin seit meinem 16. Lebensjahr aktiv im Tierschutz. Aber es sind auch oft die kleinen Gesten, wie ein Lächeln, jemandem den Einkauf nach Hause zu tragen, eine Spende oder andere zu unterstützen. Mitgefühl zu haben, selbst wenn manche Situationen für einen selbst nicht so verständlich sind. Dasversuche ich jeden Tag, als Bestandteil meines Lebens. Ich bin davon überzeugt, wenn jeder Mensch diesen Beitrag leisten würde, dann hätten wir eine bessere Welt und vielleicht auch eines Tages Weltfrieden (lacht).

Die Vereinbarkeit von Kindern und Job bzw. einer Karriere – eurer Meinung nach eine Herausforderung, eine Selbstverständlichkeit oder eine Unmöglichkeit?

Niki Osl: Jede Frau oder natürlich auch jeder Mann, die bzw. der es schafft, Karriere und Kinder unter einen Hut zu bringen, verdient für mich den größten Respekt. Mir fällt es schon manchmal schwer, neben meiner Arbeit genug Zeit für meine Tiere, Freunde und Familie zu finden. Aber nichts ist unmöglich, wenn man es wirklich will.

Valerie Huber: Definitiv eine Herausforderung. Ich glaube, wenn man einen Partner hat, der genauso gewillt ist, sich Elternzeit zu nehmen, und es ausgeglichen ist, ist es absolut machbar.

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„Ich durfte immer alles machen, was ich mir in den Kopf gesetzt habe“, so Niki Osl. © Jenni Koller

Versteht ihr euch grundsätzlich mit Männern oder mit Frauen besser? Bzw. seid ihr mit Männern oder mit Frauen besser befreundet?

Niki Osl: In meinem Leben waren es großteils Frauen, die mich unterstützt und weitergebracht haben, und auch mein Freundeskreis besteht hauptsächlich aus starken und tollen Frauen. Das ist nicht bewusst so passiert und ich bin immer offen für spannende Menschen.

Valerie Huber: Ich habe fast nur männliche Freunde, eigentlich nur eine einzige weibliche Freundin. Ich weiß nicht warum, aber ich habe mich immer besser mit Männern verstanden – im Kindergarten schon. Irgendwie war das immer unkomplizierter … (lacht). Je älter ich werde, sehe ich aber, wie wichtig es ist, andere Frauen zu bestärken und sich gegenseitig zu unterstützen – das wäre so wichtig!

Glück bedeutet für dich …

Valerie Huber: Eine Momentaufnahme voll Dankbarkeit.

Niki Osl: Gesundheit, den weichen Pelz meiner Tiere zu spüren, die ersten Frühlingssonnenstrahlen, die durch das Fenster fallen, Freude an meinen Projekten zu haben, Zufriedenheit und Dankbarkeit mit dem, was ich habe.

Liebe bedeutet für dich …

Valerie Huber: Das Gefühl von Einheit und Vertrauen.

Niki Osl: Erfüllung … Dabei beschränkt sich Liebe nicht nur auf die klassische Liebe mit einem Partner, sondern auch die Liebe zu der Natur und all den großartigen Lebewesen auf unserem Planeten. Liebe zu empfinden ist ein Geschenk und selbst wenn es einmal eine unerfüllte Liebe ist, so gibt es doch kaum etwas Inspirierenderes. Wobei das bei mir im Moment zum Glück nicht der Fall ist und ich durch viel anderes inspiriert werde.

Erfolg bedeutet für euch …

Niki Osl: Natürlich ist es auch ein schönes, erfolgreiches Gefühl, wenn ich meine Stücke in einem Magazin sehe oder ein großer Star meine Sachen trägt. Aber der wahre Erfolg liegt für mich darin, dass es Menschen gibt, die seit vielen Jahren „miss lillys hats“-Stücke bei mir anfertigen lassen, und jede neue Kundin, die sich dafür entscheidet, zu mir zu kommen. Erfolg ist es auch, wenn man wertgeschätzt und geliebt wird, denn dann hat man als Mensch etwas richtig gemacht.

Valerie Huber: Sich in seinem Wunschbereich selbst verwirklichen zu können.

Wie geht ihr mit Abschieden bzw. einem Neubeginn um? Könnt ihr schwer loslassen oder seid ihr IMMER für Neues offen?

Valerie Huber: Durch das Umziehen mit meiner Familie alle vier Jahre lernte ich schon früh, mit Abschieden und dem einen oder anderen Neubeginn umzugehen. Ich bin wirklich fast immer offen für Neues!

Niki Osl: Ein Teil von mir ist ein echtes Gewohnheitstier, ich mag gewisse Rituale und auch den Alltag. Ich bin eine Nostalgikerin, daher arbeite ich gerne mit antiken Materialien. Vielleicht ist das eine Form des „Nicht-Loslassens“, wenn man teils über 100 Jahre alte Kunstblumen restauriert, um sie wiederzuverwenden. Auf der anderen Seite brauche ich aber auch Abwechslung, damit neue Ideen entstehen. Ich bin Zwilling vom Sternzeichen und daher sehr wendig. Im Gegensatz zu meiner Jugend bin ich aber viel ruhiger geworden. Ich kann mich an Zeiten erinnern, wo ich mit einem internationalen Musiker zusammen war, weltweit mit auf Tour gefahren bin, nur mit einem kleinen Koffer, und an keinem Tag wusste, wo ich am nächsten Tag aufwachen werde. Dazu bin ich jetzt zu bodenständig, dennoch ist in mir eine große Neugierde auf Neues und trotzdem liebe ich auch Beständigkeit. Ich habe mich in meinem Leben auf so viel eingelassen und wenn es die Situation erfordert, werde ich das auch immer tun.

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Valerie Huber: „Ich habe schon früh gelernt, mit Abschieden umzugehen.“ © Jenni Koller

Sind eure Ziele noch die gleichen wie vor fünf oder zehn Jahren?

Niki Osl: Nein, denn die meisten Ziele habe ich tatsächlich schon erreicht. Aber es gibt zum Glück etliche neue!

Valerie Huber: Nicht ganz, Ziele verlagern sich und verformen sich. Das macht sie aber nicht weniger wünschenswert.

Fühlt ihr euch in eurem Leben und in eurer Arbeit schon angekommen?

Valerie Huber: Momentan … Ja! Das verändert sich aber auch ständig.

Niki Osl: Die eine Hälfte des Zwillings sagt ja, die andere nein (lacht). Manchmal nicht so einfach … Aber natürlich ist mein Leben jetzt sehr schön, ich bin in einer harmonischen Beziehung, lebe in einem hübschen Haus mit meinen Tieren und sowohl meine Arbeit als Kopfschmuck-Designerin als auch meine zahlreichen Grafikdesignprojekte bereiten mir viel Freude. Ganz angekommen fühle ich mich immer dann, wenn ich in mir ruhe, bei einer Meditation z. B. – die schafft es, den unsteten Zwilling ein bisschen zu zähmen.

Eure Trigger-Punkte? Womit bringt man euch leicht auf die Palme?

Niki Osl: Undankbarkeit, Überheblichkeit und Copycats. Und wenn man versucht, mich einzuschränken – das mag ich gar nicht!

Valerie Huber: Leider recht viel! (Lacht.) Ungerechtigkeit ist vermutlich der größte Punkt. Und Machtlosigkeit, wenn so eine Ungerechtigkeit geschieht. Aber auch kleinere Dinge wie Unpünktlichkeit meiner Freunde, das nervt mich ganz schön. Und wenn jemand zu penibel oder stur auf seiner Meinung beharrt, finde ich das auch ungut. Mit Arroganz und Überheblichkeit bringt man mich auch auf die Palme.

Ein Kompliment, das euch in Erinnerung geblieben ist?

Valerie Huber: Dass mir jemand sagte, dass er durch meine kritischen bzw. politischen Aussagen zum Nachdenken angeregt wurde – das bedeutet mir echt viel!

Niki Osl: Als das erste Mal die Vogue angerufen hat, um einen Artikel über „miss lillys hats“ zu bringen. Oder als ich mein erstes Buch geschrieben habe und fast alle deutschen Literaturagenturen, denen ich das Manuskript geschickt hatte, mein Buch vertreten wollten. Und als Cassandra Steen mir meinen ersten selbst komponierten und geschriebenen Song (der noch nicht veröffentlicht ist) als Demo eingesungen hat, weil er sie so berührt hat. Das waren tatsächlich wunderschöne Komplimente, die ich immer in meinem Herzen trage. Ui – das sind mehr Komplimente als eines – aber besser zu viel als zu wenig (lacht).

Habt ihr euch für 2022 ein Ziel oder eine besondere Herausforderung gesetzt?

Niki Osl: In den Corona-Jahren habe ich sehr viele Grafikdesign-Projekte gemacht und habe meine eigenen Kreationen etwas in den Hintergrund gestellt. Mein erstes Ziel ist es, wieder mehr Fokus auf „miss lillys hats“ zu setzen und in den nächsten Wochen meinen Song im Tonstudio aufzunehmen.Dann wäre es noch ein Traum, eine Kolumne zu schreiben und ein bisschen Sport zu machen – wobei, ich glaube, den Sport verschiebe ich besser auf 2023, muss ja nicht alles auf einmal sein (lacht).

Valerie Huber: Ich möchte beruflich neue Dinge probieren, ins kalte Wasser springen und dabei möglichst viel Gutes tun. Und Spaß haben!

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„Ziele verlagern und verformen sich. Das macht sie nicht weniger wünschenswert“, so Valerie Huber. © Jenni Koller