Prim. Univ.-Prof. Dr. Paul Sevelda, Präsident der Österreichischen Krebshilfe, über Therapie-Entwicklungen, Heilungschancen und warum man trotz Schockdiagnose Brustkrebs niemals die Hoffnung verlieren sollte. Paul Sevelda ist seit 22 Jahren Präsident der Österreichischen Krebshilfe – und hat noch viele Ziele im Visier.

look!: Was hat sich in der Brustkrebstherapie in den letzten 20 Jahren verändert?

Brustkrebs ist heute eine sehr genau analysierte Erkrankung, die wir ganz unterschiedlich behandeln. Gerade in den letzten 20 Jahren haben wir enorme Fortschritte gemacht, sodass wir heute die Prognose deutlich verbessern konnten. Außerdem ist die Sterblichkeit etwa um 30 % zurückgegangen, das ist ein großer Erfolg.

Brustkrebs ist also kein Todesurteil mehr, um es klar zu sagen.

In den meisten Fällen nicht. Wir können heute 85–90 % aller Frauen, die die Diagnose bekommen haben, so behandeln, dass sie nicht wieder auftritt. Das ist schon eine sehr gute Chance, gesund alt zu werden mit der Diagnose.

Sind die Chemotherapien immer noch so belastend wie früher?

Da ist es mir wichtig zu sagen: Die Chemotherapie setzen wir nur da gezielt ein, wo wir wissen, dass wir die Chance auf Heilung deutlich verbessern können. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Diagnose Brustkrebs ein Schock ist. Und wenn man dann noch eine Chemotherapie empfiehlt, potenziert sich das. Chemotherapie ist mit Sicherheit die Behandlung mit dem schlechtesten Image. Nach der Therapie, die oft über 25–26 Wochen dauert, frage ich die Frauen, die sich dafür entschieden haben: Wie war es denn? Und für die meisten ist es dann letztendlich nicht so schlimm, wie sie es erwartet haben. Natürlich ist die Chemotherapie eine belastende Therapie mit unangenehmen Nebenwirkungen. Haarverlust ist das, was den Frauen eigentlich am meisten zusetzt. Sie ist aber auch erst dann gerechtfertigt, wenn wir damit die Situation deutlich verbessern können.

Wie teilt man einem Menschen die Diagnose Brustkrebs mit?

Ich rede nicht um den heißen Brei herum und sage das Ergebnis sofort. Der zweite Schritt ist dann schon, dass ich ihnen die Perspektive gebe, wie es behandelt werden kann. Meine Erfahrung hat mir gezeigt, dass Frauen nicht verschiedene Wege aufgezeichnet bekommen wollen, und gerade beim Brustkrebs wissen wir international, dass es sehr klare Pfade gibt – wir wissen ganz genau, was die beste Therapie wäre, und die biete ich auch an.

Wie vermitteln Sie den Frauen, dass es sehr wohl Hoffnung gibt?

Es gibt immer Hoffnung. Man muss zu den effektivsten Therapien greifen und ich sag dann immer, dass man zum Ziel schauen sollte und dafür auch härtere Belastungen auf sich nehmen muss. Der Weg ist kein Honiglecken, aber er ist machbar und viele tausende Frauen sind ihn schon erfolgreich gegangen und am Ende der Therapie höre ich oft: Es war nicht so arg, wie ich gedacht habe. Und wenn ich dann gar keinen Tumor mehr finde und sagen kann: Statistisch gesehen sind Sie in 10 Jahren zu 95 % gesund, dann ist das eine wertvolle Information für den Rest des Lebens.

Beitragsbild: © Andreas Hofmarcher / Maisblau