Jede dritte Frau ist im Laufe ihres Lebens von sexueller Unlust betroffen, bei jeder zehnten Frau ist diese Lustlosigkeit mit einem persönlichen Leidensdruck verbunden. Oftmals sind medizinische Ursachen der Auslöser.

look! Ist Lustlosigkeit immer nur „Kopfsache“?

Yas Palli-Razmara: Nein. Weibliche Sexualstörungen und Lustlosigkeit können auch durch chronische Erkrankungen bedingt sein. Beispielsweise chronisch entzündliche oder infektiöse Urogenitalerkrankungen, die zu wiederkehrenden körperlichen Beschwerden und depressiven Verstimmungen führen, gehen vielfach mit Nachlassen des sexuellen Verlangens einher.

Welche Folgen kann das haben, falls die Ursachen unbehandelt bleiben?

Die sexuellen Dysfunktionen der Frau neigen zur Ausweitung – mit dem Libidoverlust oder auch den Schmerzstörungen als Endstrecke der Entwicklung.

Gibt es unterschiedliche Arten der Sexualstörung?
Man sollte Störungen des sexuellen Interesses, wie Lust an der Sexualität, von den Störungen der sexuellen Funktion, wie Erregungsstörung, Orgasmusstörung und Vulvodynie, also chronische Schmerzzustände im Bereich des äußeren Geschlechtsorgans der Frau, unterscheiden.

Wie hoch ist der Leidensdruck der Patientinnen?

Sexuell bedingte Schmerzen bedeuten eine extreme Belastung des Sexuallebens, da Schmerzen das Erleben von Lust und Erregung stark einschränken oder ganz unmöglich machen.

Inwiefern hat das Einfluss auf die Orgasmusfähigkeit?

Durch chronische körperliche Beschwerden oder durch hormonelle Störungen lässt mit der Zeit auch die Erregungsfähigkeit nach und das Erleben eines Orgasmus wird immer seltener.

Wird auch Zärtlichkeit abge­lehnt?
Der Wunsch nach Zärtlichkeit und Intimität ist nach wie vor vorhanden, jedoch werden diese Wünsche aber meist nicht mehr befriedigt, da die körperliche Nähe und Geschlechtsverkehr wegen Schmerzen vermieden werden.

Welche Rolle spielt ein Mangel an Östrogen?Das Östrogen ist nicht nur für die sexuellen Funktionen von Bedeutung, sondern auch für die urigenitale Stabilität bei wiederkehrenden Beschwerden. Hier können lokale Östrogenpräparate, die es als Cremes oder Vaginaltabletten bzw. Zäpfchen gibt, wirksame Hilfe leisten.

Wie sollte man bei Be­schwerden vorgehen?

Der erste Schritt besteht darin, dass die Patientinnen selbst die Probleme in ihrer Sexualität erkennen, dann schließt das Gespräch an – mit dem Partner und mit der Ärztin oder dem Arzt. Eine ausführliche urologische/gynäkologische Untersuchung und Behandlung der chronischen Erkrankungen bei den Frauen sollte individuell durchgeführt werden. Man kann hormonelle und nicht-hormonelle Behandlungsoptionen unterscheiden.

Wozu dient eine Sexualtherapie?Es ist eine Anleitung zu konkreten Erfahrungen wie z. B. Übungen, die darauf fokussieren, negative Verhaltensmuster zu verändern. Außerdem ist es eine Analyse der durchlebten negativen Erfahrungen, was man zur weiteren Planung in den Therapiesitzungen benötigt.

Wann ist eine Paartherapie sinnvoll?
Erfolgversprechend ist die Paartherapie, wenn der Partner in die Behandlung miteinbezogen wird, da ein wesentliches Ziel in der Verbesserung der emotionalen Nähe des Paares liegt. Es geht oft um entscheidende Dinge wie die Verbesserung der gegenseitigen Stimulation und der erotischen Atmosphäre sowie die Berichtigung von Lerndefiziten und unrealistischen Erwartungen.

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