Nackte Haut, harte Schnitte, wenig Gefühl – so sah lange der Mainstream-Porno aus. Doch die Erotikbranche verändert sich: Immer mehr Frauen nehmen in der Erotikbranche selbst die Kamera in die Hand – und verändern damit, wie weibliche Lust erzählt wird. Doch worin liegt der Unterschied? Und was Frauen wirklich sehen wollen…
Weg mit dem Klischee
Noch immer hält sich der Mythos, Frauen hätten mit Pornografie wenig am Hut. Dabei zeigt die Realität ein ganz anderes Bild: Laut einer internationalen Umfrage von YouGov (2023) schauen über 50 % der Frauen unter 40 regelmäßig erotische Inhalte, sei es allein, mit Partner oder zur Inspiration. Die Frage ist also nicht, ob, sondern was sie sehen wollen.
Was viele dabei stört: klassische Mainstream-Pornos wirken oft wie aus der Zeit gefallen. Drehbücher? Fehlanzeige. Nähe? Nur selten. Und weibliche Lust? Meistens eher Staffage als echter Mittelpunkt. Genau an dieser Stelle setzen viele Regisseurinnen an – mit Produktionen, die neue Bilder schaffen und den Fokus bewusst verschieben.
Von Frauen für Frauen: Wenn der Blick sich ändert
Was passiert, wenn Frauen selbst bestimmen, wie Erotik inszeniert wird? Ganz einfach: Die Perspektive ändert sich. Statt auf schnelle Höhepunkte wird auf Atmosphäre, Spannung und echte Interaktion gesetzt. Die Kamera bleibt nicht distanziert, sondern taucht in den Moment ein – neugierig, respektvoll und auf Augenhöhe.
Dabei geht es nicht nur um „Soft Porn für Frauen“, sondern um eine neue Erzählweise: Die weibliche Perspektive zeigt Sex als Prozess – nicht nur als Ziel. Gespräche vor und nach dem Akt, Blickkontakt, Sinnlichkeit, aber auch Humor oder Unsicherheit dürfen vorkommen. Alles, was im echten Leben dazugehört – und bisher oft keinen Platz hatte.

Diese Regisseurinnen schreiben Erotik neu
Mehrere Regisseurinnen prägen aktuell die Bewegung des „feministischen“ oder „alternativen“ Pornos – jede mit eigenem Stil, aber alle mit einer klaren Vision:
- Erika Lust (Spanien)
Die wohl bekannteste Vertreterin. Mit ihrer Plattform Erika Lust Films und Serien wie XConfessions produziert sie sinnliche, diverse und künstlerische Erotikfilme – mit echten Paaren, echten Geschichten und hohem ästhetischen Anspruch. - Petra Joy (Deutschland/UK)
Eine der Pionierinnen feministischer Pornografie. Seit den 1990er-Jahren steht sie für Independent-Erotik mit Tiefgang. Ihre Filme zeigen Sexualität aus weiblicher Sicht – mit einem klaren Fokus auf Gleichberechtigung, Vielfalt und ethische Produktion. - Vex Ashley (UK)
Gründerin des Projekts Four Chambers, das experimentelle Erotik mit Kunst verbindet. Ihre Arbeiten bewegen sich zwischen Performance, Avantgarde und Intimität – mit einem bewusst langsamen, sinnlichen Tempo. - Jennifer Lyon Bell (Niederlande)
Sozialwissenschaftlerin und Filmemacherin, die mit Projekten wie Blue Artichoke Films realistische, inklusive und emotionale Pornos produziert – mit Fokus auf echter Verbindung, queerer Vielfalt und psychologischer Tiefe.
Diese Frauen eint nicht nur ihre Kameraarbeit, sondern ihr Blick auf Sexualität als etwas Ganzheitliches – fernab von Schablonen und Einheitsästhetik.
Mehr Nähe, weniger Perfektion
Was viele Frauen in den neuen Produktionen schätzen, ist nicht nur die Ästhetik – sondern das Gefühl, sich wiederzufinden. Es geht nicht darum, die „eine“ richtige Form von Lust zu zeigen, sondern Räume zu öffnen: für langsames Herantasten, für Körper jenseits von Idealmaßen, für authentische Emotionen und echte Zustimmung.
Studien wie die der University of Michigan (2022) zeigen: Frauen empfinden Filme als erotischer, wenn Emotion, Kommunikation und Gleichwertigkeit sichtbar sind – unabhängig vom Geschlecht der Darstellenden oder expliziten Szenen.
Mehr als nur ein Gegentrend
Pornos von Frauen für Frauen sind mehr als nur ein „Gegenentwurf“ zum Mainstream. Sie sind eine Erweiterung – und ein notwendiger Schritt hin zu einer vielfältigeren, ehrlicheren und respektvolleren Darstellung von Sexualität.


